Die Behauptung, dass der Überflutungsnachweis nach DIN 1986-100 eine Zusatzsicherheit schafft. Das ist falsch!

Überflutungsnachweis nach DIN 1986-100 (ÜN)

Grundsätzlich gilt, dass Regenereignisse bis zu einer 30-jährlichen Eintrittswahrscheinlichkeit zu keinen Übertritten auf Nachbargrundstücke führen dürfen. Bei diesem Grundsatz ist es zunächst unerheblich, ob es sich um ein 5-Minuten, 60-Minuten- oder 600-Minuten-Ereignis handelt. Die kurzen Ereignisse (z.B. 5 min) sind dabei geprägt durch sehr hohe Intensität, die Auslegung der regelkonformen Dach- und Grundstücksentwässerung überlastet. Es ist erforderlich, einen zeitweiligen Wasserüberschuss schadlos zwischenzuspeichern. Der Wasserüberschuss wird errechnet aus der Regenmenge eines intensiven 30-jährlichen 5-Miuten-Ereignisses, von dem die Regenmenge eines 2-jährlichen 5-Minuten-Ereignisses abgezogen wird, da Entwässerungssysteme (Dach, befestigte Flächen) mindestens hierauf ausgelegt sind. Von diesem Volumen werden weitere Verluste abgezogen, die auf dem Weg zur geplanten Rückhaltestelle geschehen (Versickerung, zeitliche Verzögerung). Die der Überflutungsnachweis nach DIN 1986-100 betrachtet daher nur ein Szenario (5min) von mehreren (z.B. 60min, 600min) in 30-jährlicher Eintrittswahrscheinlichkeit.

Der Anwendungsbereich der DIN 1986-100 liegt hierbei allerdings auf dem eigenen Grundstück und den eigenen Schäden, nicht auf den Nachbargrundstücken (siehe DIN 1986-100 bzw. Kommentar zur DIN, DIN/Beuth Verlag).

Insofern die Stellungnahmen der städtischen Planer IGW und Pecher nahezu unisono darstellen, dass durch den ÜN eine zusätzliche Sicherheit geschaffen werde, ist diese Annahme falsch. Eine zusätzliche Sicherheit wäre nur vorhanden, wenn das errechnete Volumen des ÜN (5-Min-Ereignis) das gesamt nicht abführbare Volumen der übrigen Perioden übersteigt. Das mag in Fällen von großen, anzusetzenden Dach- und Versiegelungs-Flächen mit kleinem Grundstück (Gewerbegebiete) der Fall sein, nicht jedoch bei hanglagigen Grundstücken mit nicht- bzw. nur wenig wasserdurchlässigem Boden, wie vorliegend. Hier entsteht auch auf den übrigen, unberücksichtigten Flächen ein erheblicher Oberflächenabfluss im Starkregenfall. Bei dem Wall und den entstehenden Mulden handelt sich um sammelnde Fangelemente. Da keinerlei Ableitungsvorkehrungen (Notüberläufe, gedrosselte Leitungen) an die Vorflut vorgeschrieben sind, werden diese sich bei höheren Dauerstufen (z.B. D=60min oder D=600min) immer weiter füllen, da der Zufluss höher ist als die nahezu nicht vorhandene (oberflächige) Versickerungsmöglichkeit.

Geprüft wurde indes nur die unterirdische Versickerungsfähigkeit. Auch hier sind die Möglichkeiten eher als nicht gegeben anzusehen, betrachtet man alle Sickerversuche aus 2004 und 2022 gemeinsam. Der Unteren Wasserbehörde der Stadt Wuppertal ist dieser Umstand bereits lange bekannt (2015), auch wird diese eine schadenträchtige Rigolen-Versickerung in den Hangschutt mit Zufluss zu den Unterliegern nicht genehmigen können. Das zusätzliche Versickerungsgutachten (IGW 2022) wurde der Unteren Wasserbehörde nicht einmal bekanntgemacht, als sie um Rückäußerung zur Entwässerungs-Planung Pecher gebeten wurde. Es lag selbst der Stadt zu dem Zeitpunkt schlicht nicht vor.

Die einzige zusätzliche Sicherheit, die sich durch die Überflutungsnachweise ergibt, ist die der Sensibilisierung für das Thema überhaupt. Die zusätzliche Sicherheit besteht allerdings offenbar nur darin, dass die a.a.R.d.T. überhaupt Anwendung finden. Daher kann auch nicht von zusätzlich gesprochen werden. Nicht einmal die Stadt noch die mit der Entwässerung des Stadtgebiets beauftragten Wuppertaler Stadtwerke haben das Thema in ersten Entwurf (2020) in irgendeiner Weise berücksichtigt. Die Folgen der damaligen Planung sind in der ersten Ausgangssimulation Pecher erkennbar, selbst bei einer wesentlich zu groß angesetzten Versickerungsrate und bei wesentlich zu klein angesetzten Versiegelungsflächen.

Das sich ein solch wichtiges Thema auch nicht automatisch auf die nachgelagerten Verfahrensschritte (Baugenehmigungsverfahren) verlagert, wird spätestens bei Betrachtung der beiden schon erstellten Neubauten bewusst, die augenscheinlich über keinerlei Rückhalteflächen auf den eigenen Grundstücken verfügen. Das entspricht der Lebensrealität. Da die Entwässerungslösung nicht auf die maximale, zulässige Bebauung (GRZ=0,3) ausgelegt, sondern nur mit Versiegelungsflächen von etwa 28% statt 45% simuliert wurde, bestehen weitere Bedenken: an die Überflutungsvorsorge der Unterlieger wird bei baugenehmigungsfreien Zusatzversiegelungen (Anlage/Erweiterung von Terrassen, Stellplätze bis gesamt 100 qm, Zuwegungen) niemand mehr denken. Vielleicht noch an einen Überflutungsnachweis (da dieser in der Baugenehmigung genannt ist), aber sicherlich wird keine (teure) Langzeitsimulation mehr vorgenommen. Alleine aus diesem Grunde muss eine Entwässerungskonzeption eines Neubaugebietes hinreichend Reserven beinhalten, die hier nicht gegeben sind.